Seit gut 40 Jahren begeistert mich der Holzschnitt als älteste und zugleich aktuelle grafische Technik. Die großen Vorbilder waren anfangs die expressiven Werke der Brücke-Künstler, Frans Masereel mit seinen Bildromanen – nicht zu vergessen HAP Grieshaber, der die klassischen Bildformate wie auch herkömmliche Präsentationsformen mit seinen monumentalen Druckplatten und politischem Engagement sprengte. So begannen die ersten eigenen Schnittversuche in Schwarzweiß, bis mein Studium an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg farbige Auflagendrucke in der dortigen typografischen Werkstatt unter Hans Andree – auch finanziell – möglich machte. 1984 folgte die Gründung des eigenen Buchdruck-Ateliers mit Artur Dieckhoff als Künstlergemeinschaft Schwarze Kunst, damit waren alle technischen Voraussetzungen für die Herstellung von Büchern und Grafiken gegeben.
Im Laufe der Zeit arbeitete ich immer mehr mit der Struktur des verwendeten Materials, vorwiegend mit stark geflämmten Kiefern- oder Fichten-Sperrhölzern. Oft werden diese vor dem Drucken auseinander gesägt und dann für unterschiedlichste Farb- und Formkombinationen wieder wie ein Kinderpuzzle zusammengesetzt. Neben traditionellen Werkzeugen wie Stecheisen und japanischen Messern kommen auch Drahtbürsten, Fräsen, Bohrmaschinen, Dremel und Schleifpapiere zum Einsatz.
Jedes Motiv wird für eine Auflage in mehreren Druckgängen von den Hölzern abgezogen, der Spannungsbogen reicht von fein nuancierten bis zu sehr expressiven Tönungen. Die Farben werden von Hand angemischt und dann nacheinander – Ton für Ton – transparent oder deckend maschinell aufgetragen. Die Verwendung einer hochwertigen Andruckpresse ermöglicht nicht nur äußerst präzise Paßgenauigkeit, sondern auch die Abbildung feinster Strukturen. Diese Präzision ist die Voraussetzung für den Aufbau hauchdünner Farbschichten, die den fertigen Druck eben nicht »holzschnittartig«, sondern malerisch, manchmal leicht und schwerelos erscheinen lassen.
Nach Fertigstellung der Auflage sind die gedruckten Hölzer oder Fragmente davon oft das Rohmaterial für Collagen, die entsprechend der Grafik oder als Variation neu eingefärbt und montiert werden. So entstehen Reliefbilder mit einer ganz eigenen Sinnlichkeit.
Manche Platten werden auch für neue Drucke verwendet: Einige der Holzstrukturen aus dem Künstlerbuch blue notes von 2014 finden sich, weiterbearbeitet, in dem Zyklus Das Meer. La Mer. The Sea. wieder. Jedes meiner Projekte trägt bereits den Kern des nächsten in sich, manche Idee wird anfangs verworfen, um nach Jahren doch realisiert zu werden. Letztendlich wächst das Werk in seiner Konsequenz wie die Jahresringe eines Baumes ….
Dieser Text erscheint mit weiteren und vielen Abbildungen im neuen Katalog Am Meer.
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